Kirchhernngasse Kirchhernngasse
Foto: Peter Leßmann

Geschichte

Die Wege des (Kirch)Herrn

Die Gasse 

Am Anfang der Kirchherrngasse treffen sich Tradition und Moderne: Vom Alten Steinweg aus sieht man rechts die Stadtbücherei mit der 1990er-Jahre-Architektur und links eins der ältesten Häuser der Stadt, das Krameramtshaus von 1589. Richtung Bült werden die Gebäude schlichter – viele stammen aus den 1950er und 1960er Jahren. Etwa 120 Meter lang ist die Fußverbindung zwischen Lamberti- und Martiniviertel.

Die Geschichte

„Am Drubbel siedelten sich schon um 1000 nach Christi Geburt die ersten Kaufleute an, etwas später am Roggenund am Fischmarkt“, sagt Annette Gierhake. Die studierte Geographin ist Stadtführerin und beim MünsterRadGuide (muensterradguide.de) aktiv. „Die Kirchherrngasse war für Fuhrwerke so etwas wie der ‚Hintereingang‘ zum Fischmarkt“, Annette Gierhake entführt ihre Zuhörer ins mittelalterliche Münster. Die Gasse war Anhängsel zum Alten Steinweg, der im 11. Jahrhundert die wichtige Einfallstraße vom Mauritztor war. Eins der prägenden Gebäude der Gasse war damals wie heute das Krameramtshaus – auch wenn es zum Alten Steinweg gehört. 1589 wurde es als Gildenhaus gebaut, in dem sich die Kaufleute organisierten. „Es war Versammlungsort und Lagerhaus“, sagt Annette Gierhake. Als 1648 der Frieden von Münster beschlossen wurde, schwörten die Gesandten zwar im Historischen Rathaus. „Unterschrieben haben sie aber im Krameramtshaus“, sagt Annette Gierhake. Zur reichhaltigen Geschichte der Gasse gehört die Existenz eines Küchenhauses zwischen Krameramt und Pfarrhaus. „1820 wurde dort gekocht und die Speisen mussten über den Hof ins Gildenhaus getragen werden“, Annette Gierhake hat von wilden Feiern gelesen. In der nicht mehr vorhandenen Nummer 5 war das Armenhaus von Warendorf, in der Hausnummer 12 wohnte im 19. Jahrhundert der Turmwächter, eine Nähmaschinenfabrik gab es ebenso wie eine Mädchenschule, ein Damenstift und vieles mehr.

Der Name 

In älteren Registern liest man von „up dem Bulte“ als Lagebezeichnung – „Bült“ als Hügel. Annette Gierhake kennt verschiedene Quellen zur Namensherkunft der Kirchherrngasse: „Der Autor Ralf Klötzer schreibt in seinem Buch über den Alten Steinweg, dass sich der Name Kirchherrngasse auf das Haus des Pastors von St. Lamberti bezieht. In einem Beleg von 1375 heißt die Gasse ‚des kercheren steghe‘, später auch ‚Kerckstege‘ im Jahr 1575 oder ‚Kerckeringstege‘ 1629.“ Also „die Gasse des Kirchherrn“. In der Nummer 3 wohnte von 1869 bis 1901 Pastor Hermann Kappen. „Er ließ den neuen Turm der Lambertikirche bauen – auf den man vom Pfarrhaus einen guten Blick hat“, verrät Rudolf Söbbeke, Mitglied des Kirchenvorstandes. Auch der berühmte Bischof von Galen hat 1926 bis 1928 im Pfarrhaus gewohnt, als er Pfarrer von St. Lamberti war. Noch heute ist im Erdgeschoss eine Pfarrwohnung.

Die zweite mögliche Erklärung: Gassen tragen oft den Namen der Anwohner. Kerkhering-Stege heißt die Gasse in alten Stadtplänen. Laut Katasteramt gibt es seit dem 13. Jahrhundert in Münster das Erbmännergeschlecht „Kerkerinck“. „Allerdings gibt es wohl keinen Nachweis, dass die Familie in der Nähe gewohnt haben soll“, sagt Annette Gierhake.

Kindertagesstätte St. Lamberti Foto: Peter Leßmann
Fahrradständer für die Kleinsten.

Die Verbindung heute 

Vom Parkplatz am Hörster Platz und von der Bushaltestelle Bült ist es der Fußweg, der direkt zum Prinzipalmarkt führt. „Vor etwa 25 Jahren war das noch keine schöne Gasse, eher dunkel, holpriges Kopfsteinpflaster und ein schlechter Bürgersteig“, erinnert sich Peter Reifig. Sein Vater hat hier 1964 die Goldschmiede Reifig eröffnet, die inzwischen Peter Reifig übernommen hat. „Heute empfinde ich die Gasse als cooles Entrée zur Stadt, richtig schnucklig, belebt und gleichzeitig ursprünglich“, findet der Goldschmiedemeister. In seinem Laden hängt eine Rötelzeichnung, die zeigt die Kirchherrngasse im Jahr 1939 mit den kleinbürgerlichen alten Häusern.

Die Besonderheit 

40 Kinder besuchen die Kindertagesstätte St. Lamberti. An der Mauer hängen nicht nur von den Kindern gemalte Selbstporträts, sondern stehen auch die vielleicht kleinsten Fahrradständer der Stadt – passend für die kleinen Fahrradfahrer. 

Die Geschäfte

Haus der Niederlande: mit diversen Kunstausstellungen. Stadtbücherei: Bücher und mehr. Goldschmiede Reifig: Peter Reifig fertigt in der zweiten Generation echten handgemachten Schmuck in Hausnummer 13. Schneiderei am Bült: Seit 2008 führt Firas Alomar die Änderungsschneiderei für Damen und Herren, mit Reinigungsannahme in der Hausnummer 12. Kindertagesstätte St. Lamberti: 40 Kinder

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